Unternehmen und Verbände der Bau- und Energiewirtschaft haben an die Bundesregierung appelliert, die Energiewende im Gebäudebestand entschlossen voranzutreiben und bieten ihre aktive Mitarbeit an. Die neu gegründete "Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz" forderte eine strategisch durchdachte Entwicklung von rechtlichen Rahmenbedingungen, finanziellen Anreizen und Marktimpulsen. Dazu gehörten vor allem die Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) um bis zu 30 Prozent, die Erhöhung der Förderung von energiesparenden Sanierungen auf bis zu 5 Milliarden Euro pro Jahr, die Optimierung des Energieausweises und eine kontinuierliche Qualifizierung der Bauexperten. Die Allianz wird bereits in den kommenden Monaten erste eigene Maßnahmen ergreifen. Dabei wird es vor allem darum gehen, den Energieausweis zu einem verlässlichen Sanierungskompass weiterzuentwickeln, bundesweit den Zugang zu qualifizierten Fachakteuren zu verbessern und Eigentümer über die Vorteile des energetischen Sanierens zu informieren.
Derzeit werden 80 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs für Wärme und Kühlung über Erdgas, Heizöl und Strom bereitgestellt. Mit Effizienzmaßnahmen kann hier bei Erdgas und Heizöl eine Einsparung von 20 Prozent bis 2020 erreicht werden. Das entspricht 125 TWh, die nun für die Stromerzeugung genutzt werden können. Findet diese in hocheffizienten neu zu errichtenden Kraftwerken statt, kann daraus eine Nettostrommenge von 74 TWh erzeugt werden. Rechnet man noch eine weitere Energieeinsparung von 20 Prozent bzw. 10 TWh in strombeheizten Gebäuden hinzu, entspräche dies rund zwei Drittel der in Kernkraftwerken erzeugten Strommenge in Deutschland im Jahr 2009.
"Deutschland muss raus aus dem energetischen Sanierungsstau", sagte Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena), zum Start der Allianz in Berlin. "Die Sanierung des Gebäudebestands hat viele entscheidende volkswirtschaftliche Vorteile. Sie bewirkt wirtschaftliches Wachstum in Gewerbe, Handwerk und mittelständischen Betrieben und hat positive Effekte auf den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig können wir durch energetische Sanierung das klimaschädliche CO2 viel kostengünstiger vermeiden als durch viele andere Maßnahmen. Die energetische Gebäudesanierung kommt bei der aktuellen Diskussion über AKW-Laufzeiten und den Ausbau der erneuerbaren Energien viel zu kurz."
Die enormen Effizienzpotenziale im Gebäudebestand werden seit Jahren nicht ausreichend genutzt. Das will die von der dena initiierte Allianz ändern. "Wenn die Bundesregierung die richtigen Signale setzt, stehen die deutsche Industrie, die Energiewirtschaft und das Handwerk mit leistungsfähigen Effizienzprodukten und Fachexpertise bereit, um ihren Teil zur Energiewende beizutragen", so Kohler weiter.
Ordnungsrecht verschärfen und vereinheitlichen
Das Ordnungsrecht soll nach Einschätzung der Allianz klare Ziele definieren, dabei aber technologieoffen sein und größtmögliche Freiheiten gewähren. Das im Integrierten Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung (IEKP) formulierte Ziel der Verschärfung der EnEV um bis zu 30 Prozent muss grundsätzlich beibehalten werden. Die rechtlichen Anforderungen an Gebäude (EnEV, EEWärmeG) müssen bundeseinheitlich gelten und in einem Instrument zusammengefasst werden. In einem ökologischen Mietspiegel müssen energetische Kriterien Eingang finden.
Förderung ausbauen und verstetigen
Trotz einiger positiver Ansätze scheut die Mehrheit der Gebäudeeigentümer bisher davor zurück, in energetische Sanierungen zu investieren. Deshalb fordert die Allianz, die Förderprogramme und steuerlichen Anreize langfristig auszubauen, zu verstetigen, zu vereinfachen und gezielt auf die unterschiedlichen Eigentümergruppen auszurichten. Um die Sanierungsrate von 0,9 auf 2 Prozent zu steigern, muss die Förderung über das CO2-Gebäudesanierungsprogramm bis 2020 schrittweise von kurzfristig 2 auf 5 Milliarden pro Jahr erhöht werden. Die Förderung zahlt sich volkswirtschaftlich aus: Jeder Euro, den der Staat für die Sanierung bereitstellt, löst das acht- bis neunfache an privaten Investitionen aus.
Marktteilnehmer qualifizieren und Eigentümer informieren
Der entscheidende Hebel, um den Markt für Sanierungen in Gang zu bringen, ist die verlässliche Information der Gebäudeeigentümer. Ein qualitativ hochwertiger Energieausweis soll Kosten und Wirtschaftlichkeit der empfohlenen Maßnahmen klar benennen. Der Know-how-Transfer unter den Fachakteuren im energetischen Bauen und Sanieren soll kontinuierlich und flächendeckend ausgebaut werden. Zudem ist der Aufbau einer bundesweiten qualitätsgesicherten Expertenliste ein wichtiges Instrument, um für Orientierung und verlässliche Qualität im Markt zu sorgen. Eine bundesweite Motivationskampagne soll Eigentümer und Mieter über die Vorteile von Energieeffizienz informieren.